Pop vs Klassik - Teil 1

16. Mai 2019Sängerin Bühne

Pop vs. Klassik - Popgesang

 

Wie ihr ja wisst, singe ich von Pop über Musical bis hin zur Klassik (fast) alles. Um dem jeweiligen Stil gerecht zu werden muss ich entsprechende „unterschiedliche Stimmen“ anwenden, wie ich schon kurz im letzten Blog (Voice Warm Up) angesprochen habe. Was die Unterschiede sind und worauf es ankommt, möchte ich euch in diesem Blog (2 teilig) aus meinen persönlichen Erfahrungen als Sängerin und Gesangslehrerin heraus erzählen.


Zunächst ist aber zu sagen, das die Gesangsarten eine wichtige Gemeinsamkeit haben. Egal welche Art von Musik ich singe, die Atem- und Stützfunktion (Zwerchfell-Flanken-Atmung) ist immer dieselbe. Das Fundament also ist das gleiche. Gerne vergleiche ich das mit dem Tanzen. Einem Jazz Tänzer z.B. kommt es zugute, wenn er Balletttanz gelernt hat. Die Körperhaltung, Beweglichkeit und das Wissen um jeden einzelnen Muskel im Körper macht ihn zum besseren Modern Dancer. So auch im Gesang. Lediglich bei der Tonproduktion wird im Detail anders vorgegangen.

In beiden Stilen kann man seinen ganz eigenen Stimmklang oder seine persönliche Stimmfarbe finden. Ein guter Lehrer bringt das bei seinem Schüler zum Vorschein ;) 


Schauen wir uns zunächst den Popgesang an. Er hat seine Wurzeln in der Sklaven- und auch der Volksmusik. Es ist eigentlich alles erlaubt, es gibt keine festgelegten Traditionen oder Regeln was das Klangbild der Stimme betrifft. Er muss nicht zwangsläufig voll und resonanzreich sein, da mit Mikrofon gearbeitet wird und die Technik die Lautstärke bringt. D.h. man muss nicht unverstärkt einen großen Raum mit seiner Stimme füllen können.

Die Popstimme klingt der Sprechstimme am ähnlichsten. Sie wird natürlich auch vorne in der ‚Maske‘ (Resonanzbereich der Nebenhöhlen) produziert, klingt aber dennoch flacher und nach vorne gerichtet, eher wie das Sprechen. Manche würden den Begriff ‚direkt‘ verwenden. Alle anderen Resonanzräume werden gegenüber dem klassischen Gesang gemäßigt eingesetzt oder etwa eben gar nicht.

Der Kehlkopf ist wie beim Sprechen mehr in ‚neutraler’ bis leicht gesenkter Position, sollte aber auch nicht in der höheren Lage zu hochgestellt sein, um den Klang nicht einzuengen (offene, freie Kehle).

Es wird mit Brust oder Kopfstimme gesungen, lediglich im Übergang (Registerwechsel) der beiden kann es zu einer kleinen Schnittstelle der Mischstimme (Mixed Voice) kommen, muss aber nicht. Der abrupte Bruch des Registerwechsel darf im Popgesang gehört werden. Der Schwerpunkt allerdings liegt hier eher auf der Bruststimme. Die Stimme darf von ganz weich bis stark kratzig, von geflüstert bis gepresst, nasal oder klar gesprochen klingen. Die Bandbreite ist hier sehr groß, es gibt keine festgelegten Ideale und darf markante  Macken und Kanten haben.

JaninaJohannes 20170506 AF5dmiii 204081 140

Das Vibrato wird im Popgesang eher dezent eingesetzt, es stört aber auch nicht, wenn ein Sänger darüber gar nicht verfügt. Im heutigen deutschen Singer-Songwriter Pop ist ein Vibrato sogar unerwünscht (ebenso beim Rock oder Punk).

 

Eine trainierte Popstimme ist zudem flexibel was beispielsweise das dynamisches Arbeiten (unterschiedliche Abstufungen in Lautstärke) betrifft. Sie hat durch technisches Können viel mehr Möglichkeiten im Ausdruck und Gestaltung eines Songs und macht somit viel mehr Freude als eine untrainierte. Es lohnt sich also das ‚Rohmaterial‘ zu schulen! Alleine auch schon für die Gesunderhaltung, um so lange wie möglich singen zu können.

 

 

Auf den klassischen Gesang gehe ich im zweiten Teil meines Blogs ein. Bleibt also dran!